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Materialien für sensorische Anwendungen

Die sensorischen Eigenschaften von elektrisch leitfähigen Kompositen (CPCs – Conductive Polymer Composites) mit kohlenstoffbasierten Nanofüllstoffen beruhen im Wesentlichen auf Änderungen ihrer elektrischen Leitfähigkeit bei Änderung der äußeren Bedingungen wie mechanische Belastung (Deformationssensorik), Temperatur (Temperatursensorik) oder Umgebung, z.B. bei Exposition zu verschiedenen Medien (Feuchte-, Flüssigkeits- und Gassensorik). Im Allgemeinen wird die Änderung des elektrischen Widerstandes (Rrel = ΔR/R0) in Abhängigkeit von der sich ändernden Bedingung und/oder der Zeit verfolgt und aus der Größe und dem zeitlichen Verlauf auf die Intensität der Veränderung geschlussfolgert. Dazu sind gute Signalrückstellung und Reproduzierbarkeit wichtig. Der Quotient zwischen der relativen Widerstandsänderung und der Änderung der Messgröße (z. B. Deformation, Konzentration eines Gases oder Lösungsmittels, relative Luftfeuchte, Temperatur) ist ein Maß für die Sensitivität des Materials gegenüber der sich ändernden Einflussgröße. Bei Deformationssensorik wird dieser Quotient als Gauge-Faktor (GF) bezeichnet.

Generell geben Komposite mit Füllstoffgehalten knapp oberhalb der elektrischen Perkolationsschwelle die höchste Signalantwort, da die damit verbundenen relativ lockeren Füllstoffnetzwerke schon bei kleiner Ausdehnung der Matrix gestört werden und durch Erhöhung des Abstands zwischen benachbarten Füllstoffen oder Aufbrechen von Kontakten ihre Leitfähigkeit verlieren. Die bei höheren Füllstoffgehalten und dichteren Füllstoffnetzwerken geringeren Signalantworten zeigen jedoch im allgemeinen bessere Stabilität und Wiederholbarkeit.

Das Grundprinzip der sensorischen Effekte ist im Folgenden schematisch dargestellt:

Die große Vielfalt an möglichen Polymermatrizes und leitfähigen Füllstoffen ermöglicht die Entwicklung von Dehnungssensoren für verschiedene, den spezifischen Erfordernissen angepasste Dehnungsbereiche. Für die Detektion von Verformungen und der Entstehung von Fehlstellen in Bauteilen (structural health monitoring, SHM) sind Sensoren geeignet, die schon bei geringen Formänderungen intensive Signale geben. Für den SHM-Einsatz unter harschen Bedingungen wurden dafür thermoplastische Materialien mit hoher Beständigkeit gegenüber Medien und geeignetem Festigkeitsverhalten ausgewählt.

Schwerpunkt unserer Arbeiten sind CPCs basierend auf Polycarbonat (PC) und Polyvinylidenfluorid (PVDF). Verschiedene Konzepte zur Erhöhung des Messsignals wurden entwickelt, u.a. die Untersuchung verschiedener CNT-Funktionalisierungen, der Einsatz gemischter Füllstoffsysteme, der Zusatz ionischer Flüssigkeiten oder Polymerblendbildung, bspw. mit gummiartigen Polymeren oder mit in der Schmelze mischbaren Polymeren. Weiterhin wurde das sensorische Verhalten von aus der Schmelze gesponnenen leitfähigen PC-Fasern untersucht.

Beispiel: Erhöhung der Empfindlichkeit (ΔR/R0) durch Zugabe von mit CNT beschichtetem Akrylkautschuk (ACM) zum Aufbau eines hierarchischen CNT-Netzwerks, inspiriert durch die asiatische Spezialität „Nuomici“ [Ke et al. ACS Appl. Mater. Interfaces 2019, 11, 38, 35362–35370]

Für Lösungsmitteldetektion im flüssigen oder gasförmigen Zustand zielen die Arbeiten in Richtung Leckagedetektion, Konzentrationsbestimmung und auch auf die Unterscheidung verschiedener Lösungsmittel. Für die Sensorantwort sind die Wechselwirkungen zwischen den Analytmolekülen und der Polymermatrix entscheidend. Diese können mittels der Löslichkeitsparameter nach Hansen für Polymer und Lösungsmittel abgeschätzt werden, was die Vorhersage von für das zu analysierende Lösungsmittel geeigneten Polymermatrizes ermöglicht. Besonders interessant sind hier Polymerblendmaterialien, bei denen die beiden Komponenten unterschiedliche Sensitivitäten zu den zu testenden Lösungsmitteln haben und der leitfähige Füllstoff selektiv in einer der beiden Komponenten lokalisiert ist.

Für die Bestimmung der Luftfeuchtigkeit sind technische Thermoplaste aufgrund unzureichender Wechselwirkungen mit Wasser nicht geeignet. Daher werden dafür Komposite basierend auf Zellulose genutzt.

Beispiel (rechts): Sensitivität (relative Widerstandsänderung Rrel) eines Zellulosefilms mit 5 Ma% reduziertem Graphenoxid (rGO) gegenüber Luftfeuchte (RH) [Chen et al. Journal of Materials Chemistry A, 2018, 6, 7777 - 7785]

Aus den Zellulosekompositen entwickelte Aerogele haben eine hohe innere Oberfläche und ermöglichen dadurch schnelle Signalantwort bei der Sensorik von Wasser und anderen hydrophilen Gasen.