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Online-Strukturcharakterisierung von Polymeren bei Deformation und Bruch

Zur Untersuchung der Zusammenhänge zwischen mechanischen Eigenschaften von Polymeren und strukturellen Änderungen, insbesondere bei der Deformation, wurde eine spezielle Zugprüfmaschine aufgebaut, die temperaturabhängige online-Strukturuntersuchungen mittels Synchrotron-Röntgenstreuung ermöglicht.

Mobiler ferngesteuerter experimenteller Aufbau zur Online-Strukturuntersuchung bei Deformation mittels Synchrotron-Röntgenstreuung

Deformation und Bruch werden an einer wohldefinierten Position in der Mitte einer taillierten Probe verfolgt, die lokale Dehnung wird optisch ermittelt.

Die lokalen Strukturänderungen werden mittels scannender Klein- bzw. Weitwinkel-Röntgenstreuung (SAXS bzw. WAXS) verfolgt. Um hinreichende Streuintensität bzw. Messgeschwindigkeit zu realisieren, werden die Untersuchungen im allgemeinen an Synchrotronstrahlungsquellen durchgeführt.

Die Anwendung der Methode soll am Beispiel der Deformation isotaktischen Polypropylens (iPP) bei Raumtemperatur bzw. erhöhter Temperatur demonstriert werden.

CDF - Cord Distribution Function

Die Segmentlängenverteilungsfunktion (CDF: cord distribution function) wird erzeugt durch Gradientenvektoren (s. Abbildung) bei der Autokorrelation zwischen Teilchen. Sie wird verwendet, um SAXS-Daten auszuwerten. Sie liefert dabei modellfrei Informationen über charakteristische Korrelationslängen in der untersuchten Probe.

Positive Werte spiegeln Dimensionen homogener Phasen wider, negative Werte Abstände zwischen gleichartigen Streuzentren.

Deformation bei Raumtemperatur

Orientierung von Kristalliten und Auflösung der kristallinen Ordnung, bestimmt mittels WAXS.

WAXS Streubilder von iPP bei der Deformation bei Raumtemperatur

Bei der Deformation werden die iPP-Lamellen orientiert und fragmentiert, es treten erste Kavitäten auf, zunächst senkrecht zur Streckrichtung, zuletzt in Streckrichtung.

Deformation bei 130 °C

Orientierung der Kristallite bei Deformation über die Streckgrenze

Deformation von gepressten iPP-Platten bei 130 °C: Die Lamellen werden weitgehend ausgerichtet.

Das Strukturmodell

a. Lamellen, verbunden über einzelne Ankermoleküle

b. Elastische Scherdeformation der Lamellen bei geringer Belastung und Ausrichtung in Belastungsrichtung

c. Bruch der Lamellen in kleinere Blöcke durch die Spannungskonzentration, die durch die Ankermoleküle verursacht wird

d. In Dehnungsrichtung ausgerichtete, aber nicht kristallisierte Kettenmoleküle zwischen Restblöckchen der Lamellen bei höheren Deformationstemperaturen

e. Einige der fibrillär ausgerichteten Moleküle kristallisieren, Endstruktur bei Heißverstreckung von iPP

f. Weitere Auflösung der Blöckchen und Ausrichtung der Kettenmoleküle bei Raumtemperatur

g. Einzelne Stränge ausgerichteter nicht kristallisierter Kettenmoleküle mit amorphen Zwischenphasen und Kavitäten, Endstruktur des kaltverstreckten iPP